United Kingdom General Election 2019

Beiträge 141 - 150 von 252
  • Alles klar / hier kam die Flut

    Wanli, 13.12.2019 16:35, Antwort auf #140

    Alle Wahlkreise sind ausgezählt.

    https://www.theguardian.com/politics/ng-interactive/2019/dec/12/uk-general-elect ion-2019-full-results-live-labour-conservatives-tories

    EDIT

    Für Nostalgiker: Über Jahrzehnte erstreckte sich die Red Wall quer durch ein Zentrum von Großbritanniens industrieller Revolution, von Nordwales bis fast zur Nordsee, trotzte Churchill und Thatcher, bis Bumbling Boris das Bollwerk brach.

    ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    https://www.dailymail.co.uk/news/article-7787889/Darlington-Redcar-Bishop-Auckla nd-Burnley-fall-Tories-amid-implosion-Labour.html

  • RE: Alles klar / hier kam die Flut

    drui (MdPB), 13.12.2019 19:55, Antwort auf #141

    Die - drücken wir es mal positiv aus - differenzierte Haltung zum Brexit hat Labour 2017 wohl eher geholfen; hätten sich die Roten klar für einen Verbleib in der EU ausgesprochen, dann hätten sie gestern ihre Wahlkreise in Nord- und Mittelengland auch nicht effektiver verteidigt. Eine Mutation zur linken eurokritischen Partei hätte auch nichts gebracht; zwei Drittel der Parteimitglieder sind schließlich Remainer. Die Crux ist schlicht und einfach: Wenn der Brexit das beherrschende Thema der Wahl ist und die Mehrheit der Parteimitglieder dazu Hü sagt, aber die Mehrzahl deiner Wahlkreise zu Hott tendiert, wird es immer schwierig; Corbyn und sein radikaler Linkskurs (plus Antisemitismusdebatte) haben diese Probleme nur verschärft.

    Ich habe mich auch gefragt, wie man das Problem am besten löst. Zum einen hat man den industriellen Wahlkreisen in Nord- und Mittelengland kein gutes Brexit-Alternativthema geboten bzw. die schlechten Auswirlkungen des Brexit auf diese Region glaubhaft thematisiert, zum anderen war die Strategie (im Falle des Wahlsiegs) neu verhandeln, besseren Deal mit der Alternative Remain zur Abstimmung zu stellen, ungünstig. Warum nicht einfach eine schnelle Abstimmung Boris Deal- Remain? Dann hätte man Nord- und Mittelengland vielleicht halten  können. Eine nochmalige Verhandlung wäre zudem mit der EU kaum machbar gewesen. Corbyn hat aber die meisten Fehler schon vor der Wahl gemacht, er hatte nie eine klare Haltung zum Brexit oder zur Volksabstimmung (oder zum Antisemitismus), und das als Opositionsführer.

    Die Libdems hatten offensichtlich auch ein Personalproblem, wobei ich in UK auch keine Politikerin sein möchte.

  • RE: Gedanken zum Wahlausgang

    an-d, 13.12.2019 19:56, Antwort auf #139

    Die Rechtspopulisten haben vor allem gewonnen bei:

    - den Männern (48%)

    - und den Ältesten:  65+: 62%

    - 55-64: 49%

    Anscheinend sind das die Teile der englischen Bevölkerung, die besonders empfänglich für Sexismus, Rassismus, Rechtsradikalismus... sind. Je jünger desto weniger der Con-Anteil, Bsp: 18-24: 19%

    Das lässt ein wenig hoffen. Allerdings entdecken ja viele in jungen Jahren vermeindlich Linke mit zunehmenden Alter den Konservatismus oder auch den Rechtsradikalismus für sich.

    Strukturell aber schon anders als in D, wo die Ältesten unterdurchschnittlich rechtsradikal wählen und stattdessen die vglw. gemäßigte CDU* (im Verhältnis zun Con) oder die SPD wählen.

    *Selbstverständlich gibt es bei denen auch haufenweise Rechtspopulisten und sogar Rechtsradikale, allerdings weit weniger ausgeprägt als bei den transformierten englischen Tories.

  • RE: Alles klar / hier kam die Flut

    an-d, 13.12.2019 20:13, Antwort auf #142
    Corbyn hat aber die meisten Fehler schon vor der Wahl gemacht, er hatte nie eine klare Haltung zum Brexit oder zur Volksabstimmung (oder zum Antisemitismus), und das als Opositionsführer.

    (Hervorhebung durch mich) Genau. Voll vergeigt. Das relative Machtvakuum mit Eierei vertan, was im übrigen sehr an seiner taktisch-strategischen "Stärke" zweifeln lässt und so ungewollt der rechten Rampensau den Platz gelassen, die so "schöne einfache Lösungen" bot.

    Anstatt eines irgendwie-sowohl-als-auch hätte eine klare Positionierung funktionieren können. Wahltaktisch nach xy zu schauen, weil dort ein Lab-Mandat in einem leave-Bezirk liegt hat jedenfalls nicht funktioniert und Corbyns Positionierung kam dann einfach zu halbherzig und zu spät. War also nicht nur strategisch dumm, sondern auch mehr Tik-Tak als Taktik.

  • RE: Alles klar / hier kam die Flut

    Wanli, 13.12.2019 21:09, Antwort auf #144

    Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich denke auch, dass Corbyn der falsche Mann an der Labourspitze ist, natürlich hat er Fehler gemacht. Aber irgendwie ist mir die Fokussierung auf eine Person oder auch eine Führungsclique ein bisschen zu eng.

    Als Clinton gegen Trump verlor, da glaubte ich, sie sei zu mittig gewesen, habe zu unkritisch einen Status Quo fortschreiben wollen, der für viele Amerikaner eben kein Erfolgsmodell mehr ist. Andere glaubten einfach, sie sei zu unsympathisch gewesen.

    Als Corbyn gegen Johnson verlor, hieß es, er sei zu links gewesen, habe den Status Quo zu sehr verändern wollen mit einer von Experten für unsolide gehaltenen Wirtschaftspolitik. Andere glaubten einfach, er sei zu unsympathisch gewesen.

    Ich will diese Erklärungsversuche überhaupt nicht vom Tisch wischen, da ist sicher was dran. Aber wir beobachten doch zurzeit vielerorts, dass rechte Parteien - wobei man da zwischen den verschiedenen Ausprägungen natürlich auch noch unterscheiden kann: die Tories sind nicht die AfD - erfolgreich sind in Gebieten, die vom Strukturwandel gebeutelt sind, in denen die Einwohner sich abgehängt fühlen. Dieselben Leute, die dort früher ganz selbstverständlich (Mitte-)Links-Parteien  gewählt haben, um ihr Los zu verbessern, driften heute oft nach rechts; begeistern sich einerseits für volkstümliche Helden, die insbesondere dafür geschätzt werden, dass sie verhasste Eliten provozieren, und andererseits für symbolische Ziele, deren Bedeutung völlig übertrieben wird (The Wall, der Brexit), aber die mit einer Verbissenheit verfolgt werden, als ginge es um Leben und Tod. Und mir deucht, dass denjenigen, die diese Ziele fanatisch verfolgen, selbst klar ist, dass The Wall oder der Brexit ihr Leben jetzt auch nicht groß zum Besseren verändern werden / würden, meiner Meinung nach geht es da vielleicht eher darum, sich einmal im Leben gegen die da oben durchzusetzen, einmal einen großen Kampf zu gewinnen. Und gegen eine solche Einstellung wird man schwer mit rationalen Argumenten punkten können.

    Ich sage natürlich nicht, dass das aussichtslos ist, versuchen muss man es sowieso. Aber man sollte dieses länderübergreifende massenpsychologische Phänomen zur Kenntnis nehmen - einfach nur zu sagen, Clinton sei schuld gewesen oder jetzt halt Corbyn, greift da meiner Meinung nach zu kurz.

    Viele Briten haben in Johnson (und vorher Farage) ein Idol gefunden, das so herrlich exzentrisch ist, so gar nicht elitär wirkt (obwohl Johnson genau wie Trump natürlich viel privilegierter aufgewachsen ist als etwa Clinton oder Corbyn) und ihnen ein Ziel vor Augen hält, das irgendwie glorreicher ist als die triste Realität. Auch geschicktere Oppositionspolitiker als Corbyn oder Swinson hätten wohl Schwierigkeiten gehabt, dagegen zu punkten.

    Deshalb hab ich hier schon vor Monaten mal geschrieben, es sei vielleicht das Beste, wenn Johnson gewinne (gut, so haushoch hätte es jetzt auch nicht sein müssen), seinen Brexit durchziehe und dieser dann unweigerlich entzaubert werde in zähen Verhandlungen mit der EU und mit dem Ausbleiben echter Verbesserungen für das Leben des einzelnen Bürgers.

  • RE: Alles klar / hier kam die Flut

    Bergischer, 13.12.2019 21:14, Antwort auf #142

    Die Libdems hatten offensichtlich auch ein Personalproblem, wobei ich in UK auch keine Politikerin sein möchte.

    ... ich möchte an der Stelle mal "eine Lanze brechen". Imho ist "Jo" Swinson kein "Personalproblem" - alles was ich von ihr in den vielen Unterhausdebatten gesehen und gehört habe, war hoch intelligent, pointiert und sowohl rhetorisch als auch politisch strategisch "1. Sahne". Was sowohl hier im Forum, wie augenscheinlich auch in - noch - GB "übersehen" wird: mit 4,2 % können die LibDems den - mit deutlichem Abstand - stärksten Zuwachs an Wählerstimmen "verbuchen"! - Unter (in) einem "Verhältnismässigkeits Wahlrecht" wären sie - per Definition - die eigentlichen Wahlgewinner!

    Wenn Labour bzw. Corbyn der - berechtigte - Vorwurf gemacht wird, keine eindeutige Position zum Brexit gemacht zu haben - Jo Swinson hat ihre LibDems "glasklar" positioniert und immer stringent "knallhart" gegen "Lügenbaron" BoJo, die Tories und die Brexitieers argumentiert.

    Insoweit ist es imho "schade", dass eine so talentierte Politikerin dem Mehrheitswahlrecht und dem "Pech" ihren Wahlkreis in Schottland zu haben -   "zum Opfer fällt" ...

  • RE: Alles klar / hier kam die Flut

    Wanli, 13.12.2019 21:18, Antwort auf #146

    In Systemen mit Mehrheitswahlrecht wird man nunmal an den gewonnenen Sitzen gemessen - ist halt so, ob fair oder unfair.

    Theresa May 2017: 42,4% - Loserin, Luftpumpe, Lachnummer!

    Boris Johnson 2019: 43,6% - der GOTTKAISER!

    EDIT

    Da ist natürlich auch eine Gender-Komponente im Spiel. Wenn eine Spitzenpolitikerin die Antwort auf die Frage verweigern würde, wie viele Kinder sie eigentlich habe, wäre sie vermutlich erledigt (Schlampe! Rabenmutter!), dem Boris dagegen sieht man das offenbar nach (schon ein Schelm, *zwinker*).

    EDIT 2

    Ein längerer, aber wirklich guter (und recht überparteilicher) Kommentar zu Zukunft der verschiedenen Parteien.

    The Tories

    It is quite a victory. 3 years after a humiliating withdrawal from his first attempt at the Tory leadership, Boris has the largest Tory majority since Thatcher, the sort May so wanted and far larger than Cameron ever managed. How sweet must he be feeling today. It also raises the very real possibility of the Tories winning the next GE; a 78-seat deficit is hard for an opposition party to overcome in one bound.

    So Boris now has an immense amount of political credit, both with his party, the country and the EU. He will need to use it well and early in this Parliament when all the hard decisions need making. His victory speech seemed to recognise that with its reference to being lent Labour votes and not letting those voters down. Will the Tories really govern as One Nation Tories? What does One Nation even mean in a post-referendum Britain? Will they – when they come to implement the post-Brexit agreements with the EU and others – remember the interests of the places that voted for them? One example: Grimsby has a Tory MP. The Danish PM today said that the question of access to UK fishing waters for fishermen will be an issue in trade talks. The French too. Who gets what they want?

    There is more: he has made lots of promises beyond getting Brexit done. How to balance the competing interests of his new Tory coalition of voters, the demands posed by a post-Brexit world, the need to make the economy work, to share its benefits fairly, how he prioritises between all the various manifesto promises and the need to really deliver on them will be key to whether his Tory party will succeed and have a long-term stable future.

    When he became leader Boris was pretty brutal in casting out those who opposed him; similarly with Tory MPs voting against him. The desire for revenge – to make it harder to oppose or scrutinise him or his government – will be one which, if he is sensible, he ought to resist. Whether he does so will be another measure of this government’s success.

    And what about its moral compass? Easy to dismiss Labour accusations of racism given Corbyn’s difficulties. But he cannot forever rely on pointing the finger at Labour. Anti-Semitism and anti-Muslim prejudice has crept into the Tory party and some of its candidates. Big problems always start out small. Were he wise, Boris would take the strongest possible action now to ensure that racist, hateful, xenophobic behaviour, speech and attitudes are rooted out of his party, however uncomfortable this may be for him and the party. Not only is this electorally sensible but it is also the right thing to do. Rarely in politics is this the case.

    Labour

    Oh dear! The worst defeat since 1935. A party going backwards in seats. Seats which have never elected a Tory MP electing them with large margins. Labour ones turning into much less safe or marginal seats. A leadership which lashes out enemies preventing its victory rather than realising that it was voters who rejected it, which seems incapable of saying sorry, of owning the defeat, of taking responsibility for it – as it would undoubtedly have done had Labour gained seats or stopped a Tory majority. And now a leadership which thinks that, despite such a heavy defeat, its policies were popular.

    The one mistake which Labour ought not to make – but looks as if it will – is to assume that simply removing Corbyn as leader will solve its problems. It was the leadership, yes, but it was also the direction in which the leadership took the party.

    Bluntly, it had an impossible programme, that nobody believed, put forward by people who were not credible.  All three aspects need to be addressed. As Aneurin Bevan put it: “The language of priorities is the religion of Socialism.” If everything is important, nothing is. It is no use talking about fairness and presenting policies favouring the well off (WASPI women) at the expense of the young or no tax increases on MPs on £70K but tax increases of 30% or more on the self-employed earning the same amount. If the NHS was so important, why was giving free broadband/nationalising all internet providers the policy the leadership focused on at the start of the campaign?

    Now Corbyn says he wants to stay on to allow discussion about who should take over. Is he really doing what Michael Howard did when he allowed younger MPs to put themselves forward, to show what they stood for and were capable of? Or is this really about his strand of the Left seeking to cement its control of the party and the succession? If Corbyn goes quickly, the risk is that Labour will rush to appoint a new leader without doing any hard thinking. If he stays, the Far Left could tighten its grip and Labour’s voice – on Brexit, on FTAs, on the Tories’ policies – will be absent. That is sub-optimal for good government. Or Labour. And who is there to do what Kinnock did? Given the Tories’ majority it could take 2 elections to put Labour back in play. New leadership will need to be thinking about and preparing for the world as it will be 5/10 years hence. By then the GFC, the Iraq War will be 20 years in the past (the miners’s strike – still being used in Labour PPBs for the North – even more so). Labour will need to speak to a generation born long after these events.

    One thing it needs to do above all is to realise that it is not enough to call yourself moral. You have to act morally too. Anti-semitism damaged Labour’s image, its credibility, its competence. It hurt because there was truth in what its critics said. If Labour wants to be taken seriously, it needs to stop shooting the messengers and listen to the messages.

    The Lib Dems

    11 MPs, most of them women, only 2 even vaguely well-known, 1 probably for the wrong reasons, the leader gone. Some good second places in a number of Tory seats. What is the point of the Lib Dems now? Well, the Remain cause is dead (and, in truth, has been for a while). But the nature of Britain’s future relationship with the EU is not. Nor are liberal values: free speech, the rule of law, holding governments to account, proper scrutiny, not demonising non-citizens or the precarious, all of them areas where the Tories, particularly if they become arrogant and hubristic, are vulnerable. The Lib Dems could stand for these, try and ensure that they have a voice, that other parties are kept honest on these issues. It’s a start, anyway.

    Scotland and Ireland

    The DUP has learnt the hard way the folly of overplaying its hand. We may look back to the year when Nationalist MPs won a majority of seats in NI as the year when reunification with Ireland became inevitable. Now we have the Scottish question: how will the UK’s PM govern a kingdom where Scotland has taken such a very different view from England on the issues of the day?

    During the Falklands debate, Enoch Powell told Mrs Thatcher that, having been called ‘the Iron Lady‘, in her response to the Argentine invasion “the nation and the Right Hon. Lady herself will learn of what metal she is made“.  Boris has been called many things, not all of them flattering. There is much suspicion of his character, his principles and whether he is in politics for anything more than personal ambition. He now has the chance to show of what metal he is made, whether he can prove his critics wrong and rise to the occasion that this victory gives him. For the sake of the country, we must hope that he will.

    http://www2.politicalbetting.com/index.php/archives/2019/12/13/what-next-for-the -parties/

  • RE: Alles klar / hier kam die Flut

    sorros, 13.12.2019 21:50, Antwort auf #145

    Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich denke auch, dass Corbyn der falsche Mann an der Labourspitze ist, natürlich hat er Fehler gemacht. Aber irgendwie ist mir die Fokussierung auf eine Person oder auch eine Führungsclique ein bisschen zu eng.

    Als Clinton gegen Trump verlor, da glaubte ich, sie sei zu mittig gewesen, habe zu unkritisch einen Status Quo fortschreiben wollen, der für viele Amerikaner eben kein Erfolgsmodell mehr ist. Andere glaubten einfach, sie sei zu unsympathisch gewesen.

    Als Corbyn gegen Johnson verlor, hieß es, er sei zu links gewesen, habe den Status Quo zu sehr verändern wollen mit einer von Experten für unsolide gehaltenen Wirtschaftspolitik. Andere glaubten einfach, er sei zu unsympathisch gewesen.

    Ich will diese Erklärungsversuche überhaupt nicht vom Tisch wischen, da ist sicher was dran. Aber wir beobachten doch zurzeit vielerorts, dass rechte Parteien - wobei man da zwischen den verschiedenen Ausprägungen natürlich auch noch unterscheiden kann: die Tories sind nicht die AfD - erfolgreich sind in Gebieten, die vom Strukturwandel gebeutelt sind, in denen die Einwohner sich abgehängt fühlen. Dieselben Leute, die dort früher ganz selbstverständlich (Mitte-)Links-Parteien  gewählt haben, um ihr Los zu verbessern, driften heute oft nach rechts; begeistern sich einerseits für volkstümliche Helden, die insbesondere dafür geschätzt werden, dass sie verhasste Eliten provozieren, und andererseits für symbolische Ziele, deren Bedeutung völlig übertrieben wird (The Wall, der Brexit), aber die mit einer Verbissenheit verfolgt werden, als ginge es um Leben und Tod. Und mir deucht, dass denjenigen, die diese Ziele fanatisch verfolgen, selbst klar ist, dass The Wall oder der Brexit ihr Leben jetzt auch nicht groß zum Besseren verändern werden / würden, meiner Meinung nach geht es da vielleicht eher darum, sich einmal im Leben gegen die da oben durchzusetzen, einmal einen großen Kampf zu gewinnen. Und gegen eine solche Einstellung wird man schwer mit rationalen Argumenten punkten können.

    Ich sage natürlich nicht, dass das aussichtslos ist, versuchen muss man es sowieso. Aber man sollte dieses länderübergreifende massenpsychologische Phänomen zur Kenntnis nehmen - einfach nur zu sagen, Clinton sei schuld gewesen oder jetzt halt Corbyn, greift da meiner Meinung nach zu kurz.

    Viele Briten haben in Johnson (und vorher Farage) ein Idol gefunden, das so herrlich exzentrisch ist, so gar nicht elitär wirkt (obwohl Johnson genau wie Trump natürlich viel privilegierter aufgewachsen sind als etwa Clinton oder Corbyn) und ihnen ein Ziel vor Augen hält, das irgendwie glorreicher ist als die triste Realität. Auch geschicktere Oppositionspolitiker als Corbyn oder Swinson hätten wohl Schwierigkeiten gehabt, dagegen zu punkten.

    Deshalb hab ich hier schon vor Monaten mal geschrieben, es sei vielleicht das Beste, wenn Johnson gewinne (gut, so haushoch hätte es jetzt auch nicht sein müssen), seinen Brexit durchziehe und dieser dann unweigerlich entzaubert werde in zähen Verhandlungen mit der EU und mit dem Ausbleiben echter Verbesserungen für das Leben des einzelnen Bürgers.

    Da ist ja was dran, Wanli, aber es trifft m.E. nicht den Kern.
    Denn die Leute aus dem Establishment die da verloren haben, sind nicht hauptsächlich unsypathisch etc.
    Sie sind genau solche Repräsentanten der "Eliten" die in Wahrheit einfach verlogen, selbstsüchtig, in überholten Ideen verhaftet, in alten Ritualen gefangen und ohne Verantwortungsbewußtsein als Kompass.
    Wenn wir die Populisten schlegn wollen, brauchen wir Leute die eine Politk auf der Höhe der Zeit aus leidenschaftlcihem Verantwortungsbewußtsein zu gestalten versuchen. En marche mit Macron, die deutschen Grünen mit Habeck und Baerbock sind Beispiele dafür. Macron kämpft mit den sklerotisierten französischen Realtätsverweigeren, die Grünen in Deutschland haben noch zu viele altlinke Fuß(eigentlich Kopf)fesseln. Aber das ist die Richtung, mit der man gegen die Trumps und Johnsons dieser Wet gewinnen kann. In den nächsten Jahren wird sich das an vielen Stellen der Welt zeigen.

  • RE: Alles klar / hier kam die Flut

    drui (MdPB), 13.12.2019 22:20, Antwort auf #146

    ... ich möchte an der Stelle mal "eine Lanze brechen". Imho ist "Jo" Swinson kein "Personalproblem" - alles was ich von ihr in den vielen Unterhausdebatten gesehen und gehört habe, war hoch intelligent, pointiert und sowohl rhetorisch als auch politisch strategisch "1. Sahne". Was sowohl hier im Forum, wie augenscheinlich auch in - noch - GB "übersehen" wird: mit 4,2 % können die LibDems den - mit deutlichem Abstand - stärksten Zuwachs an Wählerstimmen "verbuchen"! - Unter (in) einem "Verhältnismässigkeits Wahlrecht" wären sie - per Definition - die eigentlichen Wahlgewinner!

    Wenn Labour bzw. Corbyn der - berechtigte - Vorwurf gemacht wird, keine eindeutige Position zum Brexit gemacht zu haben - Jo Swinson hat ihre LibDems "glasklar" positioniert und immer stringent "knallhart" gegen "Lügenbaron" BoJo, die Tories und die Brexitieers argumentiert.

    Insoweit ist es imho "schade", dass eine so talentierte Politikerin dem Mehrheitswahlrecht und dem "Pech" ihren Wahlkreis in Schottland zu haben -   "zum Opfer fällt" ...

    Das mit dem Personalproblem war jetzt weniger persönlich gemeint, aber offensichtlich haben sich Jo und 4,2% mehr Prozente nicht in mehr Sitze niedergeschlagen, im Gegenteil. Sie hat ihren Wahlkreis wohl auch verloren, weil sie ihn als Parteiführerin vernachlässigt hat (sie hat 2017 mit 10% Vorsprung gewonnen). Nach der Europawahl sah es zudem kurz mal so aus, als ob die Libdems die klar größte Oppositionspartei werden könnte und wer weiß, sie hätte sich da ev. besser geschlagen als Labour, zumindest im Süden und in Schottland. In der Fernsehdebatte hat sie die schlechtesten Zustimmungswerte bekommen, was sicher auch an ihrem Geschlecht, an dämlichen Fragen und der aufgeheizten Stimmung liegt, aber nicht nur. Auch sie war wenig kompromissbereit was taktische Wahlbündnisse angeht, sowohl Labour als auch die Libdems haben genau deshalb Sitze knapp verloren, auch mit der SNP hätte man sprechen können, dann hätten die Cons wohl keinen einzigen Sitz in Schottland geholt. Und abgesehen von der Remainhaltung wurden keine klaren Botschaften und Themen gesetzt, die die Libdems besonders wählbar gemacht hätten.

    Fun Fact:

    Milliardäre schmeißen wilde Parties und kaufen in London Villen für 65 Millionen Pfund aus Freude über den Wahlsieg der Konservativen und über die Dummheit der Arbeiter in den armen Regionen Nord- und Mittelenglands, die sie vor einer höheren Besteuerung der Superreichen bewahrt haben. Ein altes und bewährtes Rezept: Wenn Du willst, dass die Armen gegen ihre Interessen handeln und wählen, gib ihnen Nationalismus, einen Sündenbock oder notfalls einen Krieg.

    https://www.theguardian.com/business/2019/dec/13/super-rich-family-buy-65m-house -to-celebrate-johnsons-victory

  • Nichts gelernt?

    FreundvonLI, 13.12.2019 22:33, Antwort auf #148
    En marche mit Macron, die deutschen Grünen mit Habeck und Baerbock sind Beispiele dafür.

    Was genau ist an diesen Personen bzw. politischen Inhalten besser als an Johnson und dem Brexit? Ihr diskutiert wie so oft aus einer Position heraus, in der es sonnenklar ist, dass der Brexit nicht sinnvoll sei. Vielleicht solltet ihr euch mal damit beschäftigen, dass die Wähler schlicht Personen wie Johnson bevorzugen, weil sie die besseren Argumente haben.

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